Obwohl ich meinen Blog liebe, hat er etwas Museales. Was dort steht, unter meinem Namen, soll lange Bestand haben. Da ist kein Wort zu viel oder zu wenig, da arbeite ich an einem Artikel auch mal über mehrere Wochen.
Mein Blog ist das Museum mit sauberen Böden und Marmortreppe und wohlausgeleuchteten Ecken. Und was mir fehlte, das war eine kleine Hinterhof-Galerie. Abgewetzte Holzböden, freiliegende Heizungsrohre und immer ein bisschen zu wenig Tageslicht.
Ein Ort, an dem ich nicht jedes Wort stundenlang an die richtige Stelle schiebe, sondern auch mal kurz einen Gedanken loswerden kann, ohne Anspruch auf Langlebigkeit. Weil in der URL nicht mein Name steht. Meinen Blog, meine Website finden Menschen, die mich googeln: Das ist mein offizielles Ich. Elaborierte Worte, keine Zufälle, sehr bewusste Inszenierung. Mein Writer-Ego ist wilder. Und das braucht einen freieren Ort, um sich auszudrücken.
Auch Instagram ist keine Alternative – erstens: 2200 Zeichen sind verdammt kurz. Und zweitens: Auch da habe ich mir eine public persona erschaffen, die irgendwie unter Druck steht. Aber ich möchte mal ungefiltert sagen können, was ich denke. Falls das möglich ist. Man filtert sich wahrscheinlich immer auf die eine oder andere Weise. Aber hier, so fühlt es sich jedenfalls jetzt gerade an, kann ich ehrlichere Einblicke geben. In mein Leben als Autorin. In die Ups & Downs. Weil es unter dem Radar läuft. Und ich möchte einen Ort haben, an dem ich meine Gedankenschnipsel einstellen kann. So wie früher, als ich 20 war und auf myspace Statusmeldungen sehr viel Bedeutung beigemessen habe. Ich will einfach wieder diesen Spaß haben. Spaß daran, ein online Tagebuch zu führen. Wie in meinen Bloganfängen. Mit dieser Unschuld von damals. Als ich noch keine Ahnung hatte von Vermarktungsstrategien.
Nun also hier, auch wenn das SEO-technischer Selbstmord ist und ich über die letzten Monate immer wieder dachte: “Du kannst doch nicht auf Substack gehen, da gibst du deinen Content aus der Hand und außerdem verlierst du Seitenaufrufe, die auf deine eigene Website einzahlen könnten.” Stimmt auch. Mit dem Unterschied, dass ich auf meiner eigenen Website in all diesen Monaten eben genau nichts veröffentlich habe, weil die Artikel dafür nicht so schnell fertig werden.
Nun also doch. Substack. Deshalb kannst du diese Worte überhaupt lesen. Weil ich mich nicht mit meinen eigenen Erwartungen erdrücke, sondern dich nur in mein winziges Studio im Hinterhof einlade, in dem Sätze auch mal ungeschliffen herauskommen dürfen.
Und so ist mein erster Post auch eine Erinnerung an dich: Wenn deine Umstände oder ein bestimmter Rahmen dich daran hindern, dich frei auszudrücken, wenn deine eigenen Erwartungen so hoch Spalier stehen, dass du nie beginnst – dann schaff auch du dir dein kleines, rotziges Hinterhof-Atelier. Also, im Kopf. Es sei denn, du bist reich und kannst dir eins leisten.
Das im Kopf ist erschwinglich. Also erlaub es dir. Erlaub dir, einfach anzufangen. Irgendwo. Scheißegal, wo. Mittendrin. Am Ende. Wen interessiert es?
Wie sollen wir denn die Freude am Tun finden, wenn wir uns nicht erlauben, zu spielen? Uns einzusauen? Wenn schon unsere ganze Umgebung uns suggeriert, jetzt müssten wir etwas Großartiges erschaffen?
Musst du nicht. Und weisst du, was ich dabei fühle? Butterflies. Es kitzelt in meinem Bauch. Ich habe Bock auf diese kurzen Texte, auf diese Gedankenfetzen, die nie ordentlich in der Reihe hängen werden. Auf die Bruchstücke. Auf die Hinterhöfe. Auf das Anfangen – egal, wo.
In diesem Moment, in dem ich das tippe, zögere ich schon wieder. Denke – später. Später. Aber später ist ein anderes Wort für nie. Also fange ich an. Lasse es unperfekt loslaufen. Hauptsache Bewegung
.
Ich liebe dieses Projekt jetzt schon sehr, denn ich habe seit ich dich lese ein Faible für jene Texte, die du "trotzdem" geschrieben hast, entgegen der Hochglanzerwartungen der Gesellschaft. Wirklich schön, dass es hier einen Raum dafür geben darf!
I like a lot! Und es ermuntert mich, auch irgendwo einfach mal anzufangen. Gefühlt warte ich ständig auf den richtigen Moment, das OnlineMagazin, das ich noch gründen will, auf dieses und jenes, statt einfach mal irgendwo heimlich und leise meine Gedanken aufzuschreiben 🤗 Danke dir für deine Impulse! 🧡